Ideenmesse: Besucher aus dem Westerwald erleben inspirierenden Tag in Gießen
1000 Gäste sammeln Ideen für die Zukunft
bonEin begeisternder Auftakt der Ideenmesse mit viel Gospelmusik, moderiert von Pfarrer Simba Burgdorf und Franziska Linhart (rechts).19.09.2023 bon Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
Die Wäller Gäste nahmen viele Inspirationen für die kirchliche Arbeit in der Region mit. Die Messe stand unter dem Motto „#NextGeneration“: Schon während des musikalischen Eröffnungsgottesdienstes standen viele junge Menschen dieser „nächsten Generation“ auf der Bühne – unter anderem auch Anna-Nicole Heinrich, der Ehrengast des Tages.
Generationen nicht gegeneinander ausspielen
Die 27-jährige Vorsitzende des Kirchenparlaments der Evangelischen Kirche Deutschland sprach sich dafür aus, Jung und Alt in der Kirche nicht gegeneinander auszuspielen oder gar einen Generationenkonflikt zu inszenieren. Für sie sind die nächste Generation diejenigen Menschen, die alte Strukturen hinter sich lassen und die Kirche verändern wollen – und das hänge nicht vom Alter ab, glaubt Anna-Nicole Heinrich.
Heiße Getränke, gute Gespräche
Während der eigentlichen Ideenmesse präsentierten Gemeinden, Initiativen und Gruppen an mehr als 80 Ständen kreative Projekte. Eine Mainzer Kirchengemeinde hat beispielsweise das „Magdacino“ ins Leben gerufen; eine großzügige Kaffee-Bar auf einem Lastenfahrrad. Damit fahren Mitarbeiterinnen der Gemeinde auf öffentliche Plätze und unterhalten sich bei einem Heißgetränk mit Menschen über Gott und die Welt. Einen ähnlichen Weg schlägt das Projekt „Fromme Fritten“ aus Hattersheim ein: Vikar Philipp Raekow fährt mit einem umgebauten Hähnchengrill in eine Siedlung, verteilt dort Pommes, Kaffee und Kuchen und kommt mit den meist kirchenfernen Bewohnern ins Gespräch.
Gemütlich, hell, einlandend
Liebe geht auch in der Kirchengemeinde Watzenborn-Steinberg durch den Magen: Sie lädt im Winter zum gemeinsamen Suppenessen ein. Die Junge Kirche Gießen setzt ebenfalls auf Offenheit: Die Jugendlichen haben die Lukaskirche in der Stadtmitte umgebaut – gemütlich, hell und einladend. Sonntags, erzählt Teamleiterin Laura Leonhardt, kommen 50 Leute zum Brunch-Gottesdienst; feiern, essen und hören Musik.
Ideen für den Westerwald
Für die Westerwälder BesucherInnen der Ideenmesse sind Projekte wie diese gut und wichtig für die Zukunft der Kirche: „Ich frage mich oft, warum die Sehnsucht der Menschen nach Halt und das Angebot der Kirche manchmal scheinbar nicht einhergehen. Die Kirche muss lernen, neu auf die Menschen zuzugehen“, glaubt Silke Stoll, die mit einer Gruppe aus dem Evangelischen Dekanat Westerwald nach Gießen gekommen ist. Auch Johanna Weidlich wünscht sich eine offene Kirche. Sie möchte selbst Pfarrerin werden und beginnt nun ihr berufsbegleitendes Theologiestudium. „Ich bin hier, um neue Ideen für die Zukunft der Kirche zu sammeln. Eine Kirche, die lebendig und vielfältig sein soll und hoffentlich viele Menschen anspricht.“ Dekanatsmitarbeiterin Regina Kehr hat in Gießen etliche tolle Ideen und Best-Practice-Beispiele kennengelernt – und viele Menschen, die sie begeisternd präsentiert haben. „Einiges davon lässt sich gut im Westerwald umsetzen. Ich denke zum Beispiel an das gemeinsame Mittagessen im Winter. Diese Idee hatten wir auch schon mal. Ich nehme eine Menge guter Tipps für die Organisation mit nach Hause.“
Aufbruchsstimmung
Die Pröpstin der Propstei Nord-Nassau, Sabine Bertram-Schäfer, hat auf der Messe gar eine neue „Aufbruchsstimmung“ erlebt. „Ich habe den Eindruck, dass wir eine sehr bunte und ehrliche Kirche haben. Ich nehme viele inspirierende Gedanken mit.“ Zum Beispiel den Vorschlag, den EKD-Präses Anna-Nicole Heinrich geäußert hat: Nicht jede Kirchengemeinde muss und sollte alles anbieten. Manchmal ist es besser, sich als Kirchengemeinde zu profilieren und zu fokussieren – und für diejenigen Dinge, die in der eigenen Gemeinde nicht stattfinden eine andere zu besuchen.
Aufmerksam und wachsam bleiben
Gast der Ideenmesse war auch der Kirchenpräsident der EKHN, Dr. Volker Jung. Er zeigt sich bei der Abschlussveranstaltung begeistert von dem Ideenreichtum, der Energie, dem Sachverstand und dem Willen zu Veränderungen in den Gemeinden und Einrichtungen. Die EKHN muss in den nächsten Jahren ihre Strukturen grundsätzlich verändern, weil die Mitgliederzahlen sinken, sagt er. Zugleich appellierte der Kirchenpräsident an die Gemeindemitglieder, den Blick der Kirche angesichts eigener Probleme wieder stärker nach außen in die Gesellschaft zu richten. Die Kirche dürfe nicht verpassen, populistischem Gedankengut zu widersprechen, wenn es der christlichen Botschaft widerspricht: „Seid aufmerksam und wachsam und tretet denen entgegen, die Menschen verunglimpfen und diskriminieren!“ (bon)
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