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    Freiwilliger Wehrdienst

    „Die Armee ist kein Abenteuerurlaub“

    EdStock/istockphoto.comDa gab es die Wehrpflicht noch: Soldaten 2010 beim Training in Grafenwöhr

    Einmal in die Bundeswehr hineinschnuppern? Warum der freiwillige Wehrdienst nicht mehr als ein Praktikum ist, und warum das Bild der Armee als „normaler Arbeitgeber“ fragwürdig ist, erklärt der Friedensbeauftragte der EKHN, Wolfgang Buff.

    Esther StoschWolfgang Buff, Referent für Friedensbildung im Zentrum Ökumene der EKHN und der EKKWWolfgang Buff, Referent für Friedensbildung im Zentrum Ökumene der EKHN und der EKKW

    In einem Interview mit der Rheinischen Post spricht Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen Ende Januar vom höchsten Stand der freiwillig Wehrdienstleistenden seit Jahren. Ihren Angaben zufolge leisten rund 11.000 Frauen und Männer in Deutschland den freiwilligen Wehrdienst. Der Friedensbeauftragte der EKHN, Wolfgang Buff, hat 30 Jahre lang Kriegsdienstverweigerer begleitet und Zivildienstleistende betreut. Er sieht in dem freiwilligen Wehrdienst vor allem eines, eine „Mogelpackung“.

    Schule aus, was nun? Eignet sich der freiwillige Wehrdienst eigentlich für Schulabgänger?

    Wolfgang Buff: Solange wir in Deutschland eine Armee unterhalten, muss es möglich sein, dass Leute für dieses Arbeitsfeld rekrutiert werden. Die Bundeswehr braucht anständigen Nachwuchs, der qualifiziert ausgebildet wird. Die Probleme sind: Wann wird geworben? Bei wem wird geworben? Wie wird geworben?

    Erstens werden bereits gezielt Schüler im Alter von 13 bis 15 Jahren durch Werbung angesprochen. Das gibt es Schulhefte oder Wettbewerbe, bei denen eine Klassenfahrt in die Kaserne gewonnen werden kann und weitere Marketing-Gags. Es wird mit einem Bild der Armee geworben, das mit der Wirklichkeit nicht viel zu tun hat. Ich finde, das ist keine lautere Werbung. Zweitens wird bei der Rekrutierung die Altersgrenze nicht eingehalten. Das heißt, eigentlich dürfte die Bundeswehr keine 17-Jährigen einstellen. Minderjährige laufen in einer mit Waffen agierenden Armee herum, für mich eine ziemlich problematische Vorstellung. Bei allem Respekt vor dem, was die Soldaten tun, es ist kein Beruf, wie jeder andere.

    Sie sprechen an Schulen über Friedensbildung. Welches Bild von der Bundeswehr haben die Oberstufen- und Berufsschüler?

    Buff: Wer heute 20 Jahre alt ist, kennt die Bundeswehr im Einsatz bei vielen tollen sozialen Aufgaben. Erst ganz spät gesellt sich das Kämpfen dazu. Wie lange haben wir uns davor gescheut zu sagen, dass in Afghanistan Krieg herrscht. Im Fokus standen humanitäre Missionen und Entwicklungshilfe.

    Viele junge Menschen haben das Gefühl: „Es gibt so viel Elend und Katastrophen auf der Welt, da muss ich doch was tun!“ Oft fehlt das Wissen um andere Lösungen und Aktionsfelder. Das ist ein Bild, dass den Militärs nicht gefallen kann, denn sie werden kein Heer von Entwicklungshelfern ausbilden und einsetzen, sondern sie werden Menschen in kämpfende Einsätze schicken und das kann man nicht schönreden.

    Wie freiwillig ist der freiwillige Wehrdienst?

    Buff: Der freiwillige Wehrdienst profitiert von dem guten Ruf, den sich die freiwilligen Dienste zuvor erarbeitet haben. Aber der freiwillige Wehrdienst ist tatsächlich eine Verpflichtung auf Zeit. Es gibt eine sechsmonatige Probezeit, bei der der Dienst abgebrochen werden kann, aber danach geht das nicht mehr so ohne weiteres. Daher halte ich es für schwierig, den Wehrdienst als freiwillig zu bezeichnen.

    Was ist der Dienst dann Ihrer Meinung nach?

    Buff: Ich persönlich halte den freiwilligen Wehrdienst für eine Mogelpackung. Er lebt von dem alten Dienstgedanken „Jungs gehen zum Bund“ und kokettiert mit der Freiwilligkeit. Redlicher wäre es zu sagen, der freiwillige Wehrdienst ist ein überschaubares Schnupperpraktikum um die Bundeswehr kennen zu lernen. Die Bundeswehr sucht so nach geeigneten Kandidaten für Zeit- und Berufssoldaten.

    Ist der freiwillige Wehrdienst mit FSJ und anderen freiwilligen Diensten vergleichbar?

    Buff: Nein. Das wäre vielleicht so, wenn man in den freiwilligen sozialen Diensten genauso gut bezahlt würde und die gleichen Leistungen hätte, wie bei der Bundeswehr. Aber da ist noch niemand auf die Idee gekommen das anzugleichen.

    Soldaten haben mir gesagt, dass jungen Leuten viel eher klar gemacht werden muss, was auf sie in Zukunft zukommt: Für was sie eingesetzt werden und welche persönlichen Belastungen damit verbunden sein können. Die Bundeswehr braucht Soldaten, die sich den Beruf sehr genau überlegt haben und die Tragweite ihrer Entscheidung verantworten und durchhalten können. Die Armee ist kein Abenteuerurlaub.

    Der freiwillige Wehrdienst kann bis zu 23 Monate dauern. Was bedeutet diese zeitliche Grenze im Gegensatz zu anderen freiwilligen Diensten?

    Buff: Die Befristung hat einen relevanten und positiven Nebeneffekt: Arbeitnehmer haben, wenn sie sich unter 24 Monaten bei der Bundeswehr verpflichten, eine Art besonderen Kündigungsschutz und müssen anschließend wieder eingestellt werden. Das gilt bei anderen freiwilligen Diensten nicht.

    Welche Kritik wird Ihnen von den Wehrdienstfreiwilligen zugetragen?

    Buff: Die Kritikpunkte lauten häufig: Falsche Erwartungen und falsche Informationen. Es ist nicht selbstverständlich, dass ein Wehrdienstfreiwilliger ohne weitere Mühe seinen Schulabschluss nachholen kann oder eine Ausbildung seines Wunsches angeboten bekommt. Das richtet sich nach den Gegebenheiten vor Ort und dem Bedarf sowie der Kapazität der Truppe. Und dann sind die tollen Werbegespräche nichts mehr wert. Viele suchen dann wieder den Weg aus der Bundeswehr heraus.

    Wie berät die Kirche Menschen in der Bundeswehr?

    Buff: Es gibt Militärseelsorger vor Ort, die für Sorgen und Wünsche ein offenes Ohr haben. Aber auch denjenigen, die an ihrem Dienst zweifeln, bieten wir ein Netz aus Beratern an. Es ist manchmal wichtig mit jemandem zu sprechen, der außerhalb dieses Systems steht. 

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