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    Integration

    Große Etappe auf Integrationsmarathon geschafft

    R. HaeringWael DeebWael Deeb auf dem Weg zu seinem großen Ziel: als Journalist in Deutschland arbeiten; in Praktika sammelt er Kenntnisse und Erfahrung

    Wie kann Integration gelingen? Auf diese Frage findet der syrische Flüchtling Wael Deeb täglich neue, persönliche Antworten. Sein großes Ziel ist, als Journalist in Deutschland zu arbeiten. Von Deutschkurs zu Deutschkurs kommt er diesem Traum immer näher. Jetzt macht er ein Praktikum in der Multimedia-Redaktion der EKHN.

    Redaktionsassistentin Astrid Schunke  läuft mit einer großen, schweren Kiste voller Utensilien durch den Redaktionsraum, was der neue Praktikant Wael Mustafa Deeb aus den Augenwinkeln beobachtet. Er springt auf, packt die Kiste und trägt sie zu ihrem Auto – begleitet von Dankesbekundungen der Assistentin. Der studierte Journalist und ehemalige Flüchtling aus Syrien absolviert sein Praktikum in der Multimediaredaktion im Medienhaus der EKHN in Frankfurt am Main. Kurz zuvor hatte er im Gespräch versichert: „Viele Flüchtlinge aus Syrien sind sehr dankbar für die Hilfe, die sie in Deutschland erhalten haben und sie möchten auch etwas zurückgeben.“ Mit seiner Hilfsbereitschaft hat Wael Deeb ein Signal für ein respektvolles Miteinander gesetzt.

    Harte Arbeit für das große Berufsziel

    Wael Deeb hat einen Traum. Er möchte als Journalist in Deutschland arbeiten. Ursprünglich hat er vier Jahre in Damaskus Journalismus studiert und anschließend acht Jahre in seinem Beruf gearbeitet. Dabei hat der Muslim, der mit einer Christin verheiratet ist, über gemeinsame Hilfsprojekte der Orthodoxen Kirche in Syrien und ihrer Partnerorganisationen geschrieben. „Zum Glück wurde in Deutschland mein syrischer Abschluss anerkannt“, freut er sich. Und nun feilt er mit viel Biss an seinen Deutschkenntnissen. Er ist auf einem guten Weg: „Bis jetzt habe ich alle Prüfungen problemlos bestanden.“ Seine sprachlichen Fähigkeiten hatten ihm bereits ein Praktikum bei einer kleinen Tageszeitung in der Wetterau ermöglicht, in der er auch Reportagen veröffentlich hat.  Stolz präsentiert er sein Praktikumszeugnis, in dem versichert wird: „Die Sprachkenntnisse sind außerordentlich gut. Insbesondere die Schriftsprache und hier die Ausdrucksweise.“ Im Medienhaus wird er im Januar und Februar 2019 die Multimedia-Arbeit der EKHN genauer kennen lernen.

    Große Herausforderungen für Flüchtlinge

    Das Thema Integration wird gegenwärtig heiß diskutiert. Der syrische Journalist versichert, dass die syrische Flüchtlinge in Deutschland, denen er begegnet ist, sich integrieren wollen. „Wer noch sehr jung ist, für den ist der Start in Deutschland einfacher. Mit 20 Jahren finden die Leute einen leichteren Zugang zur Sprache und zur Berufsausbildung“, erklärt Wael Deeb. Wer aber die Vierzig überschritten habe, dem falle es zum Teil schwerer, Fuß zu fassen. Beispielsweise werden hier die Abschlüsse eines syrischen Jurastudiums nicht anerkannt. Folglich steht ein syrischer Rechtsanwalt vor der Frage, ob er noch einmal hier ein komplettes Studium absolvieren soll. Wael Deeb hat den Eindruck: „Man braucht eine große innere Stärke, um seine Ziele zu erreichen.“  Bis zum Herbst letzten Jahres haben immerhin 360.877 Geflüchtete eine sozialversicherungspflichtige Arbeit aufgenommen, so eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung in Nürnberg.

    Appell an die Medien

    In Deutschland fühlt sich der 34-jährige Journalist sicher: „Ich bin hier noch nie beleidigt worden. Ganz im Gegenteil: Ich habe viele Leute getroffen, die sehr nett zu mir waren. Mittlerweile habe ich viele Freunde gefunden.“ Dabei registriert er aufmerksam die Berichterstattung über Flüchtlinge in Deutschland. Auch die Entwicklungen rechtspopulistischer Tendenzen nimmt er wahr. Dabei kritisiert Wael Deeb die Rolle mancher Medien: „Mein Eindruck ist, dass die Medien die Krise sehr groß machen. Wenn beispielsweise ein Flüchtling etwas zerstört hat, wird sehr viel darüber berichtet.“ Er zeigt Verständnis dafür, dass dadurch Ängste bei einigen Bürgerinnen und Bürgern ausgelöst werden. Für die Menschen in Deutschland hat Wael Deeb eine Botschaft: „Die Gruppe von Flüchtlingen, die nach Deutschland gekommen sind, besteht aus sehr vielen unterschiedlichen Menschen. Darunter sind nur sehr wenige, die sich daneben benehmen. Der weitaus größere Teil möchte sich integrieren.“

    Freundschaften geschlossen

    „Vor allem von der Diakonie habe ich sehr viel Hilfe bekommen“, so die Erfahrung des 34-jährigen Journalisten. Als  zunächst sein Antrag für eine Aufenthaltserlaubnis in Deutschland abgelehnt wurde, hatte ihm Frank Appel, Referent des Interkulturellen Beauftragten der EKHN, mit hilfreichen Tipps zur Seite gestanden, mit Erfolg. Im Juni 2016 hat Wael Deeb die Aufenthaltserlaubnis erhalten und konnte anschließend seine Frau nachholen. „Heute sind wir mit den Appels befreundet, auch unsere Ehefrauen verstehen sich sehr gut“, freut sich Wael Deeb.

    Unterdrückung, Gewalt und Tod in Syrien

    Wael Deeb ist im Mai 2014 aus Syrien geflüchtet. Als Journalist spürte er unmittelbar die fehlende Pressefreiheit und Meinungsfreiheit. „Ich konnte nicht frei berichten und musste auf jedes Wort achten, das ich im Alltag gesagt habe“, erinnert er sich. Die Bedrohung durch die Geheimpolizei sei ständig präsent gewesen. Zudem sollte Wael Deeb in die syrische Armee eingezogen werden. Er macht deutlich: „Ich wollte keine Waffe in die Hand nehmen und einen anderen Syrer töten, ich möchte ein friedliches Leben.“ Wael Deeb berichtet über das Leben im Krieg: „Wir wussten nicht, ob wir abends wieder lebend zu Hause ankommen. Ein Freund von mir wurde auf der Straße von einer Bombe getroffen. Wir haben ihn noch ins Krankenhaus gebracht, aber nach zwei Stunden ist er gestorben. Er war Bauingenieur.“ Ein anderer Freund sei vor sechs Jahren aus seiner Wohnung von der Geheimpolizei abgeholt worden  und sei seitdem verschwunden. Wael Deeb dachte an all die jungen Leute, die mit ihm studiert hatten und gut ausgebildet waren: „Die einen sind im Krieg gestorben und die anderen haben sich auf die Seite des Regimes gestellt und sind zur Polizei gegangen. Eine andere Perspektive hat es für mich als Mann in Syrien nicht mehr gegeben.“

    Als Nichtschwimmer im Flüchtlingsboot

    Seine Familie hat gemeinsam entschieden: Wael Deeb ist derjenige, der fliehen wird. Seine Ehefrau, eine orthodoxe Christin, ist zunächst in Syrien geblieben. Über den Libanon, die Türkei, Griechenland und Italien hatte er nach acht Monaten Deutschland erreicht.  Dabei erinnert er sich genau an die abenteuerliche Flucht über das Mittelmeer: „Ich konnte nicht schwimmen und  saß mit 34 Frauen, Männern und Kindern in einem sehr kleinen Boot. Plötzlich kam ein großes, griechisches Polizeiboot, das uns leicht gerammt hat. Man wollte uns zurück in die Türkei bringen und sie schleppten uns ab. Aber die Kinder weinten und schrien, die Menschen protestierten. Manche sind einfach über Bord gesprungen.“ Ertrunken sei niemand, da alle Schwimmwesten getragen haben. Dann sei mehr und mehr Wasser durch ein kleines Loch eingedrungen und das Boot drohte mit dem Nichtschwimmer Wael Deeb unterzugehen. „Die Polizisten haben nachgegeben und uns alle nach Griechenland gebracht.“

    Das Abenteuer ist noch nicht zu Ende. Nun kämpft Wael Deeb in Deutschland für einen erfolgreichen Start im Berufsleben.

    zum Themen-Special "Flüchtlinge"

    Menschen wie wir

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