Ehrenamtsakademie im Dekanat Kronberg

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    Geflüchtete und Corona

    Mit Video: Abstand halten in einer Sammelunterkunft?

    Christian F. SchmidtLaura Schelp arbeitet als Sozialhelferin in der Unterkunft.Laura Schelp arbeitet als Sozialhelferin in der Unterkunft.

    Diese Regeln gehören mittlerweile zum Alltag: Abstand halten beim Einkaufen oder dem Spaziergang im Park, soziale Kontakte auf ein Minimum reduzieren. Wie soll das in einer Sammelunterkunft für Geflüchtete funktionieren? In der Flüchtlingsunterkunft im Frankfurter Stadtteil Berkersheim leben rund 170 Frauen, Männer und Kinder. Das Leben hier hat sich durch die strikten Corona-Regeln stark verändert.

    Christian F. SchmidtLaura Schelp vermisst es die Kinder in der Unterkunft umarmen zu können.Laura Schelp vermisst es die Kinder in der Unterkunft umarmen zu können.

    Die Sonne strahlt auf die fünf Holzhäuser der Flüchtlingsunterkunft im Frankfurter Stadtteil Berkersheim. Ein paar Kinder rennen über den Schotterweg und winken. Alles ist sehr aufgeräumt und sauber auf dem Gelände. Die Flüchtlingsunterkunft gibt es seit dem 1. Februar 2019. Sie wird vom Diakonischen Werk betrieben, im Auftrag der Stadt Frankfurt am Main. Durch die Corona-Krise dürfen keine Besucherinnen und Besucher mehr auf das Gelände. Lediglich eine „Notmutter“ hilft einer Frau, die nur mit ihrer Unterstützung den Alltag mit ihrem Kind schafft. Außerdem finden persönliche Beratungen nur noch durchs Fenster statt, um so den Mindestabstand zu gewährleisten.

    „Manchmal wie eine Geisterstadt“

    Es ist sehr ruhig auf dem Gelände, die meisten Bewohner sind in ihren Wohnungen. Lediglich zwei Männer halten sich bei unserer Ankunft im Freien auf. Der Alltag in der Unterkunft hat sich stark verändert, da alle Schulen und Kindergärten geschlossen sind und viele der Bewohnerinnen und Bewohner nicht mehr arbeiten gehen können. Laura Schelp arbeitet mit einer 50 Prozentstelle als Sozialhelferin in der Unterkunft. Sie beobachtet: „Weil so viele zu Hause in ihren Wohnungen und Zimmern sind, ist es manchmal wie eine Geisterstadt hier. Ich habe das Gefühl, ich komme immer sonntags zur Arbeit.“ 

    Kinder würden Laura so gerne umarmen

    Einige Kinder spielen im Sandkasten, rennen über den Weg oder nutzen die Wippen auf dem Gelände. Ein Mädchen kümmert sich mit seinem Vater um die angelegten Beete. Laura arbeitet gerne mit den Kindern, deshalb hat die junge Frau mit den langen kupferfarbenen Haaren das Kontaktverbot besonders getroffen: „Es tat mir weh, als sie auf mich zugerannt kamen und mich umarmen wollten und ich dann sagen musste: Das geht jetzt nicht mehr - das war schon traurig.“ Um die Kinder bei Laune zu halten, wurden Brettspiele und Puzzles ausgeteilt. Die Kinder würden das Virus und die möglichen Auswirkungen nicht ganz verstehen, erzählt Laura. Aber immer, wenn die Kinder etwas nicht dürften, sagten sie „wegen Corona“. Damit die Schulkinder auch weiterhin ihre Schulaufgaben erledigen können, drucken Mitarbeitende die Blätter, die von den Schulen kommen aus und „einige Eltern holen auch die Aufgaben direkt in der Schule ab“, erklärt die Sozialhelferin.
    Ehrenamtliche Paten dürfen auch nicht mehr auf das Gelände, sie halten aber per Smartphone den Kontakt.

    Hygiene wird sehr ernst genommen – Abstand in WGs kaum möglich

    Bei unserem Besuch sehen wir keine Menschen mit Handschuhen oder Gesichtsmasken. Diese sind ja auch keine Pflicht. Doch Laura erzählt, dass viele Bewohnerinnen und Bewohner Handschuhe und Masken nutzen würden: „Unsere Bewohner sind sehr vorsichtig und nehmen es sehr ernst.“ Einen Abstand können Bewohner der Wohngemeinschaften hier nicht einhalten. „Die teilen sich Bad und Küche in den WGs und da den Kontakt auf null zu reduzieren, ist nicht vorstellbar.“ Aber Hygiene ist den Menschen hier sehr wichtig. „Ein Bewohner wollte mir einen Schlüssel wiedergeben und hat ihn vorher desinfiziert, da dachte ich: Da denkt jemand mehr mit als ich“, schmunzelt die 27-Jährige.
    Die Mitarbeitenden müssen sich auch umstellen, sie desinfizieren sich häufig die Hände und Übergaben aus Schichten finden jetzt nicht mehr im direkten Kontakt, sondern elektronisch statt. Laura kann sich vorstellen, dass es in den WGs schwierig werden könnte, wenn die Situation noch lange so bleibt: „Die sind es nicht gewohnt so aufeinander zu hocken, durch die verschiedenen Charaktere, Meinungen und Kulturen könnten Spannungen auftreten.“

    Angst um den Aufenthaltsstatus

    Laura ist hauptsächlich für den Pfortendienst zuständig und kümmert sich um die Post, aber in ihren Nachtschichten guckt sie auch, ob es den Bewohnerinnen und Bewohnern gut geht. Die Studentin der Sozialen Arbeit ist dann die erste Ansprechpartnerin, die bei Problemen hilft. Die 27- Jährige bekommt mit, dass einige Bewohner unter psychischem Stress leiden. „Wir versuchen ihnen klar zu machen, dass es keine negativen Auswirkungen auf sie hat. Aber sie sorgen sich, dass sich alles negativ auf ihren Aufenthaltstitel auswirkt oder auch auf die Familienzusammenführung. Viele haben zum Beispiel Anhörungen, die sie nicht wahrnehmen können“. Lauras Aufgabe ist es dann, die Bewohner zu beruhigen.
    Auf der Internet-Seite des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge steht: „Das Bundesamt konzentriert sich derzeit im Asylbereich auf Entscheidungen nach Möglichkeit ohne Durchführung von Anhörungen.“ 

    Bewohner sind sehr gut über das Virus informiert

    „Die meisten sind sehr sehr gut informiert, sie haben die aktuellen Zahlen, wie viele infiziert sind, es ist allgegenwärtig und auch das Hauptthema im Moment“, erläutert Laura. Das größte Problem in der Unterkunft sei das Internet, wirft die Sozialhelferin ein: „Das bricht häufig zusammen, weil es überlastet ist. Das verärgert die Bewohner und manchmal gibt es deshalb Diskussionen.“ Denn die Menschen in der Unterkunft wollen sich über das Virus informieren und halten auch über das Internet den Kontakt zu ihren Familien und Freunden in den Heimatländern. 

    Vorbereitet für den Ernstfall

    Sollte es in der Unterkunft zu einem Corona-Fall kommen, wäre der Ablauf, wie folgt, erklärt Laura: „Dann gibt es für diese Person einen Fragebogen zur Einschätzung der Krankheitssymptome – und wenn der zuständige Arzt, dann entscheidet, dass die Person isoliert werden soll, würde sie  in einem umfunktionierten Hotel in der Frankfurter Innenstadt  isoliert werden, das von Mitarbeitern des Deutschen Roten Kreuzes betreut wird.“

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