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    Kirchenwald und Schöpfung

    Weichen für den Wald der Zukunft stellen

    Bild: RH / MdhsWaldIm Herbst beginnt die Vegetationsruhe der Bäume

    Die Blätter fallen, für die Bäume beginnt die Vegetationsruhe. Doch viele Outdoor-Fans und Forstleute sind in Aufruhr: Laut dem Bundesagrarministerium weisen rund 180.000 Hektar Waldfläche in Deutschland Schäden auf. Das Ministerium will jetzt „klimatolerante Mischwälder“ fördern. Wie können Bürgerinnen und Bürger sowie Besitzer kirchlicher Waldflächen mit dieser Entwicklung umgehen?

    Rund  97 Prozent der Bäume in Frankfurt am Main sind aufgrund von Hitzestress und Trockenheit geschädigt. Laut dem hessischen Waldbesitzerverband sollen in Hessen in diesem Jahr 9.000 ha Kahlflächen entstehen, 84 Prozent der Bäume waren schon im letzten Jahr krank in Rheinland-Pfalz. Was diese Zahlen bedeuten, ließ sich beim Waldspaziergang im letzten Sommer und Herbst anhand lichter Baumkronen oder sogar abgestorbener Bäume beobachten. Das hat auch einen gestandenen Pfarrer wie Martin Diehl aus Egelsbach nicht kalt gelassen. Auf seiner facebook-Seite schreibt er: „Ich gebe es zu: Obwohl ich seit 40 Jahren vom bevorstehenden Klimawandel lese, höre und auch rede, habe ich nicht für möglich gehalten, mit welcher Macht und Geschwindigkeit das über uns und die uns umgebende Natur hereinbricht.“ Mit diesem Eindruck steht Martin Diehl nicht alleine da, angesichts dieser Zahlen sagt Dr. Maren Heincke, Referentin für den Ländlichen Raum in der EKHN: „Das macht mich traurig, weil die Schäden so massiv und flächendeckend sind.“

    Gibt es Lösungen für diese massive Dimension?

    Im Vergleich zu früheren Schadensereignissen seien diesmal die Ursachen nicht unmittelbar zu beseitigen. In den 1980er Jahren konnten die Probleme durch den sauren Regen mit Hilfe von Filteranlagen in Fabriken gelöst werden. „Der Klimawandel ist dagegen wesentlich komplexer, er kann nicht durch eine technische Lösung zeitnah gestoppt werden“, erklärt Agrarwissenschaftlerin Heincke aus dem Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung der EKHN. Dazu brauche es vielfältige und umfassende Maßnahmen im eigenen und anderen Ländern, um auf den globalen Klimawandel einzuwirken. Beispielhaft nennt sie den Schutz von umfangreichen Waldflächen im Amazonas-Gebiet sowie eine Änderung des Konsumverhaltens in Industrie- und Schwellenländern, um den CO2-Ausstoß zu reduzieren.

    Für Aufforstung spenden

    Doch es gibt konkrete Initiativen für den Wald, auch wenn sie sich erst einmal regional auswirken. So hätten Bürgerinnen und Bürger bei dem evangelischen Hilfswerk „Brot für die Welt“ die Chance, für Aufforstungsprojekte zu spenden, beispielsweise für ökologische Maßnahmen in Äthiopien. Damit können die Kirchenwälder Äthiopiens stabilisiert werden, um als Ausgangspunkt für die Wiederaufforstung des Landes zu dienen. 

    Auch die Aktion des Opernsängers Andreas Schager schätzt die evangelische Agrarexpertin. Unter dem Stichwort „Opera meets Nature“ hat er zu Spenden für die Aufforstung aufgerufen. Laut FAZ war schon Mitte September ausreichend Geld für 1.500 Bäume eingegangen. Mittlerweile will das Forstamt Wiesbaden dem Opernsänger eine Fläche für 20.000 Bäume zur Verfügung stellen.  Maren Heincke vom Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung der EKHN sagt dazu: „Solche öffentlichkeitswirksamen Graswurzel-Bewegungen können ein Bewusstsein für die Wertschätzung des Waldes in der Bevölkerung schaffen.“ Für große Lösungsansätze seien allerdings Politik und Wirtschaft gefragt.

    Finanzhilfen sollen „klimatolerante Mischwälder“ fördern

    Julia Klöckner, die Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft, ist aktiv geworden: Auf dem Waldgipfel Ende September hatte sie Nothilfen in Höhe von 547 Millionen Euro zugesagt. Damit sollen die Schadflächen wiederbewaldet und die Wälder an den Klimawandel verstärkt angepasst werden. Zudem beabsichtigen die Bundesländer, diesen Beitrag aufzustocken. 

    Schnell Schäden beseitigen, aber nachhaltige und gründliche Planung gefordert

    Für die evangelische Agrarexpertin Maren Heincke sind die Maßnahmen des Ministeriums „erste gute Ansätze, um die Schöpfung zu bewahren.“ Beispielsweise befürwortet sie, dass die Ausbreitung des Borkenkäfers verhindert werden soll, um weitere Schäden zu verhindern. Damit bezieht sie sich auf die Empfehlung des Agrarministeriums, durch Borkenkäfer geschädigtes Holz möglichst zügig aus den Wäldern zur räumen und zu verarbeiten. Diese und weitere Maßnahmen sind im Eckpunktepapier des Agrarministeriums „Deutschlands Wälder im Klimawandel“ festgehalten. 

    Allerdings plädiert Maren Heincke auch dafür, das Thema in einem zweiten Schritt gründlicher anzugehen: „Schnelle Aufforstungsprogramme werden in den seltensten Fällen glücken. Es sollte genau geprüft werden, welche Baumarten sich auch in Zukunft für einen bestimmten Standort eignen.“ Wenn durch Steuergelder die Beiträge der Bürgerinnen und Bürger eingesetzt werden, sollte stärker der Gemeinwohlaspekt der Wälder und weniger ihre Wirtschaftlichkeit gefördert werden. Sie erklärt: „Der Wald als Ökosystem reguliert das Klima und den Wasserhaushalt, bietet Heimat für zahlreiche Tiere und Pflanzen, schützt den Boden vor Erosion und dient dem Menschen zur Erholung.“

    Empfehlungen für kirchliche Waldbesitzer 

    Auch evangelische Kirchengemeinden besitzen Waldflächen, insgesamt macht der evangelische Kirchenwald in Hessen und Nassau rund 1.000 ha aus. Direkt zur Landeskirche gehört der 95 ha große Würzberger Wald im Odenwald. Bei Oberkirchenrat Markus Keller von der Liegenschaftsabteilung der Kirchenverwaltung  werden die kirchlichen Waldgrundstücke registriert. Bisher hätten kirchliche Waldbesitzer allerdings noch keine größeren Schäden gemeldet. Markus Keller erklärt, dass die Sitzung mit dem zuständigen Förster noch anstehe. Dieser kenne die Details über den Zustand der Bäume und werde Ideen für die künftige Planung vorstellen. Für dieses Vorgehen erhält er Rückendeckung von Maren Heincke, denn sie empfiehlt kirchlichen Waldbesitzern: „Das Wichtigste ist zunächst die Bestandsaufnahme. Treffen Sie sich mit dem zuständigen Förster und suchen das Gespräch mit ihm. Es ist hilfreich, sich genau über die gegenwärtige Situation zu informieren. Dann können Sie sich künftige Maßnahmen überlegen.“ Sie nennt Beispiele: Gibt es Bereiche, die sich selbst überlassen werden können? Soll naturverjüngt oder wiederaufgeforstet werden? Welche Kompromisse sind zwischen Wirtschaftlichkeit und Ökologie möglich?

    Wilder Wald soll wachsen

    Im Vorfeld des Waldgipfels hatte der Naturschutzbund Deutschland (NABU) dafür plädiert, mittelfristig zehn Prozent „unserer Wälder der Natur zu überlassen.“  Gegenwärtig macht der geschützte Wald laut Informationen des Bundesagrarministeriums 2,8 Prozent der Waldfläche in Deutschland aus. Britta Frischemeyer, die Sprecherin des Ministeriums, informiert darüber, dass die dauerhaft unter Schutz stehende Waldfläche seit 2013 um 111.000 Hektar ausgeweitet wurde. Weiterhin hätten viele Bundesländer das Ziel, zehn Prozent der Waldfläche der öffentlichen Hand für eine natürliche Entwicklung zu sichern. Zudem sei der Wald vorratsreicher, älter, naturnäher und gemischter als vor zehn Jahren. Laut Britta Frischemeyer ist die Ursache: „Bund und Länder haben gemeinsam seit Jahrzehnten den ökologischen Waldumbau hin zu mehr Biodiversität, hin zu mehr Klimaanpassung mit zielgenauen Förderprogrammen unterstützt.“ Die Entwicklung der letzten Jahre sieht Maren Heincke allerdings differenzierter: „Es gab durchaus positive Anreize, stärker auf Mischkulturen zu setzen. Durch den Zwang ie Privatisierung staatlicher Forste, Gewinne zu erwirtschaften,  haben die neuen Eigentümer allerdingswurde oft auf Baumarten gesetzt, mit denen sich schneller Geld verdienen lässt. Teilweise haben die Ministerien der Länder und des Bundes auch Fehlanreize gesetzt. Ich denken, dass für eine nachhaltige künftige Planung auch eine Bestandsaufnahme dazu gehört.“ 

    Grundsätzlich empfiehlt Maren Heincke, den Wald als Ökosystem mit seinen Pflanzengesellschaften zu stärken anstatt ihn als reinen Kohlenstoffspeicher zu sehen. Denn als Ökosystem reguliere er den Klima- und Wasserhaushalt sowie die Biodiversität einer Region besonders günstig. 

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