Bundestagswahl
Jungsynodale: „Geht wählen, um die Demokratie mitzubestimmen“
Bildquelle: gettyimages, thorsten asmusFrauen und Männer aus der evangelischen Kirche motivieren, zur Wahl zu gehen24.09.2021 red Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
Eine repräsentative Online-Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes YouGov hat ergeben, dass sich rund ein Drittel der befragen 18- bis 29-Jährigen sich selbst als stark an Politik interessiert einschätzen. Darüber hat das Redaktionsnetzwerk Deutschland berichtet. Im Kontrast dazu hat aber die letzte Bundestagswahl gezeigt: Der Anteil bei den Jung- und Erstwählern (69,9 Prozent) war laut des BR deutlich geringer als die gesamte Wahlbeteiligung (76,2 Prozent).
Die erste Bundestagswahl für eine Jungsynodale
Anne Umsonst ist bei dieser Bundestagswahl Erstwählerin und hat sich entschieden: „Ich darf dieses Jahr zum ersten Mal an der Bundestagswahl teilnehmen. Und ich gehe wählen, damit die Demokratie, in der wir leben erhalten bleibt.“ Sie ist Jugendsynodale in der Dekanatssynode des Dekanats Büdinger Land, Vorsitzende evangelische Jugendvertretung im selbigen Dekanat und Jugendkirchentagsbotschafterin für den Jugendkirchentag 2022 in Gernsheim. Die Protestantin motiviert: „Man hat die Chance, etwas zu verändern, wenn einem die aktuelle Politik nicht zusagt oder sie zu bestätigen.“ Den Gang zur Wahlurne findet sie wichtig, „damit wir zusammen die Zukunft beeinflussen können und die Demokratie in unserem Land nicht von einer kleinen Teilgruppe der Gesellschaft bestimmt, sondern möglichst vielfältig wird und die Interessen aller Gesellschaftsgruppen in Deutschland vertreten werden können.“
Mitmachen bei der Bundestagswahl – ein Recht und Privileg
Auch die Leiterin des Jugendkirchentages der EKHN, Cornelia Habermehl, motiviert, zur Wahl zu gehen: „Heute. Zusammen. Für Morgen!“, der Slogan des nächsten Jugendkirchentages fordert mich auf, wählen zu gehen! Es ist nicht nur mein Recht, sondern auch ein Privileg!“ Dabei kann die studierte Sozial- und Gemeindepädagogin nachvollziehen, dass junge Erwachsene ihre politischen Wünsche in keinem der Wahlprogramme vollständig abgebildet sehen – und noch unsicher sind bei ihrer Wahlentscheidung. Deshalb empfehlt sie: „Wähle die Partei, die Deinen Vorstellungen am nächsten ist. Nur wenn Du wählst, entscheidest Du über Deine Zukunft!“
Mit Erich Kästner im Kopf zum Wahllokal
Samuel Knewitz, der sich im Leitungsstab Zentrale Ordnungsdienste für den Jugendkirchentag engagiert, wird ebenfalls am Sonntag in Richtung Wahllokal losziehen. Er nennt seine Gründe: "Ich wähle, damit in Deutschland nie wieder Parteien regieren, die Rechtsextremisten in ihren Reihen dulden." Von Erich Kästner habe er den Satz im Kopf: "An allem Unfug, der passiert, sind nicht etwa nur die schuld, die ihn tun, sondern auch die, die ihn nicht verhindern." Zudem ist er der Auffassung, dass in Deutschland tausende Kinder und Jugendliche durch mangelnden Klimaschutz oder unzureichende Coronamaßnahmen massiv benachteiligt werden. Deshalb unterstreicht Samuel Knewitz: "Solange sie keine eigene Stimme haben, haben sie meine!"
Offizieller Wahlaufruf von evangelischer und katholischer Kirche
Mit einem ökumenischen Aufruf zur Wahl des Deutschen Bundestages am 26. September 2021 haben sich der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, und der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Bischof Georg Bätzing, an die Bürgerinnen und Bürger gewandt. „Als christliche Kirchen sehen wir uns in der Mitverantwortung für unser demokratisches Gemeinwesen. Wir bitten die Bürgerinnen und Bürger, den politischen Weg unseres Landes aktiv mitzugestalten. Eine lebendige Demokratie bedarf der Teilhabe, der Teilnahme und des Engagements der Menschen. Der erste und wichtigste Schritt dazu ist, sich ein eigenes verantwortliches Urteil zu bilden und das eigene Wahlrecht auszuüben“, heißt es in dem Aufruf. Er fordert dazu auf, Zusammenhalt durch Achtsamkeit, Solidarität und Gerechtigkeit zu stärken.
Die Gesellschaft ist als Ganze gefragt
Mit Blick auf die vielfältigen Herausforderungen der zurückliegenden Jahre betonen Landesbischof Bedford-Strohm und Bischof Bätzing, dass gerade jetzt die Gesellschaft als Ganze gefragt sei. Sie erinnern an die Opfer der Flutkatastrophe und die langfristigen Auswirkungen der Corona-Pandemie. „Durch die Gefährdung von Leben und Gesundheit, durch psychische Belastungen, gerade auch von Kindern und Jugendlichen, durch Einschränkungen von Freiheitsrechten und sozialem Miteinander, durch die wirtschaftliche Unsicherheit in der Zeit des Lockdowns oder die Sorge vor und die Diskussionen um Triage-Entscheidungen: in der Pandemie haben sich die Fragen nach Gleichheit, Gleichwertigkeit und Menschenwürde, nach der Freiheit der Menschen und auch nach den Anforderungen an die Solidarität und die Gerechtigkeit in der Gesellschaft auf eine neue Weise gestellt.“
Gegenseitige Achtung, Solidarität und Gerechtigkeit hielten die Gesellschaft zusammen, so die beiden Kirchenvertreter: „Wir alle sind aufgefordert, unser Wissen und unsere Fähigkeiten für das Gemeinwohl einzubringen. Die Starken helfen den Schwachen; so entsteht ein sozialer Ausgleich.“ Nach christlicher Überzeugung sei jeder Mensch von Gott einzigartig geschaffen und mit derselben unveräußerlichen Würde der Person ausgestattet. „Deshalb ist uns ein gesellschaftliches Miteinander wichtig, in dem die universalen und unteilbaren Menschenrechte aller Menschen respektiert werden.“
Aufruf zu achtsamen, solidarischen und gerechten Miteinander
In ihrem Wahlaufruf nennen Landesbischof Bedford-Strohm und Bischof Bätzing verschiedene Problembereiche, die den Gesetzgeber in der nächsten Legislaturperiode herausfordern. Dabei geht es um Fragen der Sozial- und Arbeitsmarktpolitik, des Sozialstaats, einer Gestaltung der Digitalität und der wirksamen Bekämpfung des Klimawandels sowie um eine an der Würde und den Bedürfnissen der Menschen orientierte Politik zu Fragen von Flucht und Asyl.
Ausdrücklich rufen die Kirchen zu einem achtsamen, solidarischen und gerechten Miteinander auf, dass der Polarisierung der Gesellschaft entgegenwirke und gleichzeitig die Gefühle von Zusammenhalt und Gemeinschaft stärke. Sie fügen hinzu: „Populistischer Stimmungsmache und hetzerischer Rede muss klar und unmissverständlich entgegengetreten werden. Gegenüber extremistischem Gedankengut sind rote Linien zu ziehen. Die Würde des Menschen bleibt oberster Maßstab für das Handeln in Politik und Gesellschaft in Europa.“
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