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    Gastbeitrag zum Buß- und Bettag

    Was Buße mit Entrümpeln zu tun hat

    Werner Tiki KüstenmacherSimplify your lifePlatz für Kreativität - mit einem aufgeräumten Dachboden ist es leichter, neue Perspektiven zu entdecken

    Inneres und Äußeres hängen zusammen. Wie es zu Hause oder am Arbeitsplatz aussieht, erzählt etwas vom Seelenleben. Aufräumen kann ein psychohygienischer Akt sein. Das zeigt der Theologe und Bestsellerautor Werner Tiki Küstenmacher in diesem Gastbeitrag.

    W. T. KüstenmacherWerner Tiki KüstenmacherWerner Tiki Küstenmacher, ein studierter evangelische Theologe, Journalist und Karikaturist, wurde vor allem als Autor bekannt: Das Buch "Simplify yor life" wurde 2001 ein Bestseller, es wurde in 40 Sprachen übersetzt - 2016 wurde es neu aufgelegt

    Die religiöse Bedeutung des Begriffs Buße, bemerkt Wikipedia, steht fast im Gegensatz zum Alltagsgebrauch des Wortes. Beim Glauben bezeichnet Buße die Umkehr des Menschen zu Gott, von dem er sich durch die Sünde entfernt hat. Im Alltag dagegen ist Buße eher eine Strafe für falsches Verhalten. Stöbert man in der Geschichte nach dem Punkt, wo sich diese zweite Bedeutung entwickelt haben könnte, landet man im Mittelalter: Mit teuren »Bußbriefen« konnten sich die Gläubigen freikaufen von angeblichen Folterstrafen im Jenseits.

    Umkehr als innere Einstellung

    Daran hat sich die Reformation entzündet: Der Mönch Martin Luther war aus theologischen Gründen außer sich über diese Geld-statt-Reue-Praxis. Seine 95 Thesen begann er mit dem Satz: »Da unser Herr und Meister Jesus Christus spricht ›Tut Buße‹, hat er gewollt, dass das ganze Leben der Gläubigen Buße sein soll.« Umkehr nicht als finanzielle Transaktion, sondern als Einstellung.

    Buße hat eine Außen- und eine Innenseite. Ich bereue etwas, will mich ändern, ein besserer Mensch werden, freundlicher sein zu meinen Mitmenschen, sinnvoller umgehen mit meiner Lebenszeit, die Ressourcen der Schöpfung schonen. Das ist zunächst ein innerer Vorgang. Aber bald sollte im äußeren Leben etwas davon sichtbar werden. 

    Das Äußere repräsentiert das Innere

    Das war für mich die große Entdeckung, die ich in dem Buch »Simplify your life« vorgestellt habe: Innenwelt und Außenwelt entsprechen sich. Wohnung und Arbeitsplatz sind gleichsam dreidimensionale Repräsentationen meines Inneren. Ändere ich meine Außenwelt, kommt auch etwas in meinem Inneren in Gang. 

    Die wichtigste Voraussetzung für eine positive Lebensumgebung ist das Entrümpeln. Beim Durchstöbern Ihrer angesammelten Schätze werden Sie immer wieder auf das Thema Buße stoßen: Gegenstände, deren Anschaffung Sie bereuen. Indem Sie die so gut wie nie benutzte Brotbackmaschine wegwerfen oder verschenken, vollziehen Sie einen Akt der Buße. Wenn Sie sie weiter herumstehen lassen, verschieben Sie diesen Akt. Das ist der tiefere Grund für überfüllte Keller, überquellende Kleiderschränke und viele andere private Deponien. Also: Machen Sie sich auf! Beginnen Sie an dem Ort, der Sie am meisten nervt.

    Keller – der Ballast der Vergangenheit 

    Viele unaufgeräumte Sachen im Keller sind ein Symbol für ungelöste Aufgaben, die Sie mit sich herumschleppen. Mit Gegenständen, die Sie nicht wegwerfen, »weil man sie noch einmal brauchen könnte«, fesseln Sie sich an die Vergangenheit. Übermäßig viel Gerümpel im Keller kann Sie antriebslos und melancholisch stimmen. Werfen Sie weg, was Sie drei Jahre nicht mehr benutzt haben. Ordnen Sie den Rest so an, dass jeder Gegenstand erreichbar ist, Sie also nicht erst viele Kisten wegräumen müssen, um etwa an Ihre Skiausrüstung zu kommen. Ein aufgeräumter, heller und luftiger Keller macht Sie innerlich heiter und versetzt Sie in positive Grundstimmung.

    Dachboden –Ideen und Zukunft

    Ein vollgestopfter Speicher ist wie ein Deckel, der Ihren Lebensbaum an der Entfaltung hindert. Wenn Sie Ihren Dachboden von Erinnerungsstücken entrümpeln, werden Sie neue Perspektiven entdecken. Ein schön ausgebautes Dachgeschoss ist der beste Raum für kreative Tätigkeiten wie Malen oder Schreiben. Wenn Sie planen, sich ein Heimbüro einzurichten, ist der Dachboden dafür oft der beste Platz. 

    Flur und Eingang – das Verhältnis zu anderen

    Ein simpler Trick: Ziehen Sie die Jacke von jemand anderem an, verlassen Sie Ihre Wohnung und betreten Sie sie wieder, als wären Sie ein Fremder. Sehen Sie mit den Augen eines anderen, dass das Namensschild an der Tür unleserlich geworden ist, Pflanzen den Weg verstellen, Schuhe den Eingangsbereich blockieren. Gestalten Sie den Zugang zu Ihren vier Wänden einladend. Ihre Freunde werden Sie noch lieber besuchen kommen und Sie werden neue gewinnen. 

    Türen – offen für sich und andere

    Achten Sie darauf, dass sich alle Türen – vor allem die Eingangstür – weit öffnen lassen. Hängen Sie nichts über Türklinken. Benutzen Sie Haken an Türen nur, wenn das den Öffnungsradius nicht einschränkt. Stellen Sie Schränke oder Regale nie so, dass sich die Tür nur teilweise öffnen lässt. Reparieren Sie kaputte Klinken. Ölen Sie Scharniere und Schlösser, die klemmen oder quietschen. Mit gut funktionierenden Türen geht die Arbeit leichter von der Hand. Sie selbst werden offener für sich und andere.

    Wohnzimmer – das Herzstück

    Ein überpenibel aufgeräumtes Wohnzimmer kann ebenso abstoßen wie ein chaotisches. Ihr Wohnraum sollte bewohnt wirken und eine Mitte haben: ein Ess- oder Couchtisch, an den man sich gerne setzt. Vermeiden Sie, dass der Fernseher zum Zentrum des Zimmers wird. Schieben Sie ihn zur Seite oder verstecken Sie ihn. Sorgen Sie mit Pflanzen, dekorativen Gegenständen und nicht blendendem Licht dafür, dass die Aufmerksamkeit der Bewohner im Raum bleibt.

    Küche – der Bauch

    Der Raum, in dem Sie Ihre Nahrung zubereiten, ist besonders verbunden mit Ihren inneren Organen. Nirgends in der Wohnung wird so viel bewegt wie in der Küche: Teller, Tassen, Gläser und Besteck werden täglich mehrmals herausgenommen, benutzt, gesäubert und einsortiert. In den hinteren Zonen der Regalbretter dagegen bilden unbenutztes Geschirr und Lebensmittel mit abgelaufenem Haltbarkeitsdatum eine ungesunde Bremsschicht. Deswegen lohnt sich eine Entrümpelung der Küchenschränke. Es kann passieren, dass Sie sich danach buchstäblich leichter fühlen. In einer vollgestopften Küche ist es schwer abzunehmen. In einer entrümpelten fällt es leichter.

    Fußboden – die Finanzen

    Wenn Schränke und Regale voll sind, muss der Fußboden als Lagerfläche herhalten. Ich bin immer wieder verblüfft: Menschen mit zugestellter Bodenfläche haben fast immer finanzielle Probleme. Wer sich zu Hause nicht mehr frei bewegen kann, schränkt sich auch in materieller Hinsicht ein. Wohlstand scheint abhängig zu sein von der Standfläche, die für Sie selbst zur Verfügung steht. Freie, weite Bodenflächen waren schon immer ein Symbol für Reichtum und sind es in Bankgebäuden oder auf Chefschreibtischen bis heute. Wenn Sie es beim Aufräumen mit einem chaotischen Raum zu tun haben, beginnen Sie mit dem Fußboden – damit Sie wieder überall hinkommen. Architekten nennen das »Erschließung«. 

    Ich habe es mehrmals erlebt, wie Menschen mit einem durch und durch chaotischen Leben durch Aufräumen einen guten neuen Anfang machen konnten. Das ist die Kraft der Buße.

    Literatur-Tipps:

     

    • Werner Tiki Küstenmacher: simplify your life: Einfacher und glücklicher leben, Frankfurt / New York 2016
    • Marion Küstenmacher und Werner Tiki Küstenmacher: Simplify your Life - Mit Kindern einfacher und glücklicher leben. Frankfurt am Main 2004
    • Werner Tiki Küstenmacher: Eine Handvoll Glück: 50 einfache Rituale, die das Leben erleichtern. München 2013
    • Werner Tiki Küstenmacher: Die neue 3-Minuten-Bibel. 2015

    mehr über den Buß- und Bettag

    Berichte über den Buß- und Bettag

    [Werner Tiki Küstenmacher ]

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