Ehrenamtsakademie im Dekanat Kronberg

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    Weichen stellen

    Gleise führen auf bekannten Bahnen. Damit Züge in andere Richtungen fahren können, gibt es Weichen. Manche Weichen lassen sich mit etwas Kraft per Hand bedienen. Ein gutes Bild für das eigene Leben, findet Claudia Sattler aus Herborn.

    Mitten im Nirgendwo eine Weiche. Ich habe sie im Urlaub entdeckt an einem Mini-Bahnhof an einem stillgelegten Gleis.

    Es war eine alte Weiche, die man noch mit der Hand bedienen kann. Ich habe es ausprobiert. Sie war etwas eingerostet, aber mit etwas Kraft ließ sie sich verstellen.

    Ich habe mich gefragt: Wie ist das eigentlich bei mir? Auf welchem Gleis fahre ich mit meinem Lebensstil? Welche Weiche muss ich stellen, damit ich nicht in Richtung Stillstand unterwegs bin, sondern in eine gute Zukunft?

    Mir geht es seit drei Jahren so, dass ich mir immer mehr Gedanken darüber mache: Wohin führt es, wenn ich und alle anderen in unserem Land so weiter einkaufen, essen, bauen und leben wie bisher?

    Wenn ich mich in der Welt umschaue, befürchte ich: So geht es nicht weiter. Die Klimakrise beschäftigt mich sehr. Je mehr ich lese, desto mehr befürchte ich, dass der Zug mit den 1,5 oder 2 Grad Erderwärmung ohnehin schon längst abgefahren ist.

    Ich mache mir Sorgen, was das für meine Kinder bedeutet.

    Jesus hat gesagt: Macht euch keine Sorgen! (Matthäus 6,25). Das fällt mir tatsächlich nicht so leicht. Das übe ich noch. Aber Jesus hat danach nicht gesagt: Legt die Füße hoch und dreht Däumchen. Meine Sorgen werden kleiner, wenn ich etwas tun kann. Deshalb versuche ich, Stück für Stück mit meiner Familie Weichen zu stellen, die unser Leben nachhaltiger machen. Wir essen kaum Fleisch und vermeiden Plastik. Wir fahren mit unseren drei kleinen Kindern mit dem Zug in den Urlaub. Das ist anstrengend. Auch zwischenmenschlich.

    Es gibt Freunde, die unsere Weichenstellung nicht verstehen – und nicht verstehen wollen. Vielleicht, weil es Kraft kosten würde, selbst etwas zu ändern. Aber ich weiß, warum ich das mache und mein Bestes versuche.

    Ich will auf einem Gleis unterwegs sein, das zu einem friedlichen, gerechten Umgang mit der Natur führt. Ich tue, was ich selbst dafür tun kann. Für einiges braucht es politische Entscheidungen.

    Im Kleinen wie im Großen bitte ich Gott um die Kraft für die richtigen Weichenstellungen.

     

    Claudia Sattler ist evangelische Pfarrerin in Herborn

     

     

     

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